In Bolivien hat die Karwoche (Semana Santa) eine tiefe spirituelle Bedeutung als Feiertag. Die Kirchen stehen im Mittelpunkt der Feierlichkeiten in diesem überwiegend katholischen Land in Südamerika. Von Beginn der Karwoche am Palmsonntag an organisieren die Kirchen viele Rituale, Prozessionen und Aktivitäten während der letzten Woche der Fastenzeit.
Osteressen
Die Bolivianer haben auch die Tradition, während der wichtigsten Tage der Semana Santa 12 besondere Gerichte zu kochen. Diese Gerichte enthalten kein Fleisch, das während der Fastenzeit nicht konsumiert werden sollte. Aber es gibt reichlich Fisch und Meeresfrüchte. Zu diesen Gerichten gehören köstliche Suppen wie Sopa de papa pica (Kartoffelsuppe), Garnelensuppe, Escariote-Suppe, Brotsuppe und Kidneybohnen-Chili. Zu den Gemüsegerichten gehören Sajta de Papalize, Ch'uma de Lacayote und Carbonada, hergestellt aus Kartoffeln und Kürbissen.
Osterbräuche
Am Palmsonntag flechten die Menschen Kreuze aus Palmblättern und bringen sie zur Segnung in die Kirchen. Karfreitag wird durch feierliche und ergreifende Prozessionen gekennzeichnet, die die Kreuzigung Jesu betrauern. Am Samstag bauen die Bolivianer Bögen, die mit Rosen geschmückt sind, und legen erstaunliche Blumenteppiche für die Prozessionen aus, um die Auferstehung Christi zu feiern. Kirchgänger tragen in der Regel ihre besten Kleider und die Luft ist erfüllt von erstaunlichen Blumendüften.
Sucre
Sucre ist eine der besten Städte, die man während der Karwoche besuchen kann. Die Festlichkeiten beginnen mit einigen Prozessionen am Palmsonntag, wenn Tausende Gläubige Palmzweige vom Dom zum Plaza 25 de Mayo tragen und dann zurück zum Dom für eine Predigt. Die zweite palmengeschmückte Prozession beginnt in San Sebastian und endet an der Basilika San Francisco.
Am Gründonnerstag führen die Priester das Ritual des Fußwaschens von Hunderten von Gläubigen in der Kathedrale von Sucre durch. Dieser Zeremonie folgt die Messe vom Letzten Abendmahl. Am Donnerstag begeben sich viele Gläubige auf den Churuquella-Hügel. Beginnend mit dem Gottesdienst, der in der Dämmerung beginnt und um Mitternacht in der Nähe der Statue Christus des Erlösers endet. Der Aufstieg führt an den 12 Stationen des Kreuzwegs entlang. Die Gläubigen verweilen auf dem Gipfel, bis sie um 5.30 Uhr gesegnet werden.
Am Karfreitag veranstaltet Sucre die Prozession zum Heiligen Grab, die um 17 Uhr am Tempel von San Lázaro beginnt und ihren Weg zum Plaza 25 de Mayo und zurück macht.
La Paz
Mehr Prozessionen am Karfreitag können in La Paz beobachtet werden. Abbilder des leidenden Jesus Christus und seiner treuen Mutter schweben auf schweren hölzernen Plattformen über die Straßen von La Paz, getragen von Gläubigen in dramatischen Gewändern und Kapuzen. Die betrübliche Prozession wird von großen Menschenmassen aus Bolivien begleitet, von denen jeder eine flackernde Kerze hält. In einer der größten Städte Boliviens identifizieren sich 95% der Bevölkerung als römisch-katholisch und zeigen viel Eifer beim Trauern über die Leiden Jesu Christi, den qualvollen Tod und die wunderbare Auferstehung.
Jesuitenmissionen
Neben La Paz lohnt es sich, die Jesuitenmissionsstädte zu besuchen, die während der spanischen Kolonisation gegründet wurden. San Ignacio de Moxos, San Javier und Concepción sind besonders interessant während der Osterwoche. Wunderschöne alte Kirchen halten Gottesdienste mit barocker Musik ab, die an alte Zeiten erinnern.
Die wichtigsten drei Tage des Osterfestes werden "Triduo Pascual" genannt, und jeder Tag wird von einer Prozession begleitet. Die jesuitischen Missionsstädte Vallegrande und Samaipata veranstalten besonders bunte und traditionelle Zeremonien am Gründonnerstag, Karfreitag und am Ostersonntag. Für manche könnte die besondere mystische Atmosphäre eine großartige Gelegenheit sein, die Essenz des Christentums zu spüren und es besser kennenzulernen, für Gläubige ist es eine weitere Gelegenheit, die alten Ereignisse erneut zu erleben und Ostern beim Reisen zu feiern.
